Inklusion

Wir sind eine Schule der Vielfalt. In unserer Schulgemeinschaft sollen sich alle Menschen akzeptiert und willkommen fühlen.  Jede Schülerin und jeder Schüler Talitha Kumis wird individuell gemäß der Fähigkeiten und Bedürfnissen gefördert und kann Möglichkeiten und Talente entfalten.

Talitha Kumi ist den Prinzipien der Inklusion verpflichtet. Behinderte und nicht behinderte Schüler/innen lernen und leben gemeinsam Seite an Seite. Inklusion bedeutet für uns aber auch, dass Menschen verschiedener Religionen und Kulturen gleich behandelt und wertgeschätzt werden, Mädchen wie Jungen, besonders begabte Schüler/innen wie solche mit Lernschwierigkeiten.

Menschen mit Behinderung

Palästina hat im Vergleich zu anderen Ländern einen relativ hohen Anteil an Menschen mit Behinderung. Sie stehen oft am Rande der Gesellschaft, da sowohl die palästinensische Öffentlichkeit als auch die Regierung dieses Thema weitgehend tabuisieren. Staatliche Unterstützung und Förderung von Menschen mit Behinderung fehlen. Es gibt nur wenige Einrichtungen und Schulen in Palästina, die Menschen mit Behinderung aufnehmen und fördern.

In Talitha Kumi werden Schülerinnen und Schüler mit körperlicher Behinderung, beispielsweise Blinde oder Rollstuhlfahrer/innen, im Mädcheninternat und in den Schulklassen vollständig integriert. Die Schule hat bereits einige Einrichtungen, die eine Bewegungsfreiheit von Menschen mit Behinderung ermöglichen, z. B. einen Fahrstuhl und mehrere behindertengerechte Toiletten. Alle Neubauten und Umbauten werden barrierefrei umgesetzt, wie die 2014 vollendete Sanierung des Gästehauses, das auch von den Internatsmädchen und für Prüfungen genutzt wird.

Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen

In Talitha Kumi werden christliche und muslimische Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet. Nur der Religionsunterricht findet getrennt statt. Dabei wird aber das Miteinander durch Begegnungsstunden gefördert, in denen die Schülerinnen und Schüler die jeweils andere Religion kennenlernen. Die gemeinsame Begehung palästinensischer und deutscher Feiertage sowie andere kulturelle Veranstaltungen fördern ebenfalls die Akzeptanz der Unterschiedlichkeit und das friedliche Miteinander.

Zur Andacht am Morgen eines jeden Schultages versammeln sich christliche und muslimische Schüler/innen. Diese Andachten werden von Lehrern oder Schülern gestaltet. Sie sind integraler Bestandteil des schulischen Lebens.

Schulleitung und andere wichtige Leitungsaufgaben sind zwischen palästinensischen und deutschen Kräften so verteilt, dass Interessen gut ausgeglichen werden können. Im Leitungsteam und in der Betreuung der Klassen wird auf eine ausgewogene Aufgabenverteilung zwischen Deutschen und Palästinensern geachtet. Alle wichtigen Materialien der Schule werden zweisprachig gedruckt und veröffentlicht.

Mädchen und Jungen

Talitha Kumi wurde 1851 in Jerusalem als Kinderheim für arabische Mädchen gegründet und hat eine lange Tradition als Mädchenschule. 1980 wurde der gemeinsame Unterricht von Mädchen und Jungen eingeführt, womit Talitha Kumi eine Vorreiterrolle in Palästina übernahm. Die gemeinsame Erziehung von Mädchen und Jungen ist dort bis heute nicht selbstverständlich. Es ist für uns bleibende Aufgabe, Gleichberechtigung und Chancengleichheit für Angehörige beider Geschlechter in einer überwiegend patriarchalen Gesellschaft zu fördern.

Schüler mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen

Nicht wenige unserer Schülerinnen und Schüler haben ausgeprägte Lernschwierigkeiten. Manche lernen sehr langsam, andere haben Probleme beim Erlernen ihrer Muttersprache Arabisch, beim Lesen oder beim Schreiben. Das liegt unter anderem daran, dass sie aus einem problematischen sozialen Umfeld kommen (z.B. Flüchtlingslagern), häufig aber auch an durch die israelische Besatzung verursachten Traumatisierungen leiden.

Die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern mit schlechten Lernvoraussetzungen liegt uns genauso am Herzen, wie die von besonders begabten Kindern und Jugendlichen. Auf der einen Seite gibt es Förderunterricht in Arabisch und Mathematik. Auf der anderen Seite bieten wir mit dem Deutschen Internationalen Abitur einen Zweig für leistungsstarke Schüler/innen an, vergeben Stipendien und unterstützen Begabte bei der Teilnahme an Schülerwettbewerben.

Zu unserem Inklusionskonzept gehört auch der soziale Ausgleich: Kinder aus armen Familien bekommen auf Antrag eine Ermäßigung des Schulgeldes. Dies ist insbesondere für kinderreiche palästinensische Familien von großer Bedeutung. Derzeit erhalten ca. 100 Kinder eine Ermäßigung bzw. Befreiung vom Schulgeld.

Maßnahmen

Seit März 2014 gibt es die Arbeitsgruppe „Inklusiv arbeiten“. Die Protokolle der AG dokumentieren die Arbeit und zeigen den genauen Stand der Planung und Durchführung unseres Inklusionskonzeptes. Es werden Fortbildungen und Workshops für unsere Lehrkräfte und Erzieher angeboten, damit sie Inklusion verstehen und sensibel in der Praxis umsetzen.

Im Herbst 2015 begann die Kooperation mit einer Logopädie-Schule aus Deutschland, deren Schüler von Lehrpersonen begleitete Praktika in Talitha Kumi machen. In dieser Zeit bieten deren Lehrpersonen unseren Lehrkräften Fortbildungen zur Inklusion an. Wir planen außerdem einen therapeutischen Lernraum mit besonderem Lernmaterial und einen therapeutischen Bewegungsraum für körperliche Aktivitäten auf unterschiedlichem Niveau.

Mit dem Community College, einer beruflichen Schule für das Hotel- und Gaststättengewerbe, ist Talitha Kumi eine besondere inklusive Schulform gelungen. Hier bieten wir auch jungen Menschen mit einem schlechten oder keinem Schulabschluss eine Gelegenheit, sich beruflich zu qualifizieren.
In der Schulgemeinschaft von Talitha Kumi sollen sich alle Menschen akzeptiert und willkommen fühlen.