170. Jahresfest des Jerusalemsvereins: Mit Matthias Wolf (2. v. l.) und Lujain Musallam (3. v. l.) sprachen Hala Tannous, Bischof Sani Ibrahim Azar (ELCJHL - l.), Areej Isaac (r.) und Ulrich Seelemann über das Thema „Die Zukunft der Christen im Heiligen Land“.

Die Zukunft der Christen im Heiligen Land

Unser Schulleiter Matthias Wolf und unsere Schülerin Lujain Musallam (11. Klasse) waren Gäste beim 170. Jahresfest des Jerusalemsvereins in Berlin. Sie beteiligten sich an dem Podiumsgespräch zum  Thema „Die Zukunft der Christen im Heiligen Land“.

Immer weniger Christen im Heiligen Land

Die Christen sind im Heiligen Land eine kleine Minderheit. In der Westbank leben etwa 60.000, im Gazastreifen 1.000 und in Israel 120.000 Angehörige unterschiedlicher christlicher Konfessionen. In Bethlehem, dem Geburtsort von Jesus, und den Nachbarstädten Beit Jala und Beit Sahour bildeten die Christen über Jahrhunderte die Mehrheitsbevölkerung. Heute sind sie auch hier eine Minderheit.

Vor allem durch die Auswanderung ist der christliche Bevölkerungsanteil in Palästina in den letzten Jahrzehnten stetig kleiner geworden, weil der Anteil christlicher Migranten sehr hoch gewesen ist. Etwa 300.000 christliche Palästinenser leben in der Diaspora, also doppelt so viele wie im Heiligen Land. Wirtschaftlich-soziale Faktoren im Kontext der Besatzung geben in den meisten Fällen den Anstoß auszuwandern.

Haben die Christen im Heiligen Land eine Zukunft? Und welche Rolle spielen die christlichen Schulen?


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Schulleiter Wolf: Talitha Kumi erzieht auch zur gesellschaftlichen Verantwortung

In seinen Redebeiträgen wies Schulleiter Matthias Wolf auf dem Jahresfest des Jerusalemsvereins auf einen Zwiespalt hin und stellte sich selbst die Frage, ob die Arbeit der evangelischen Schulen wie Talitha Kumi nicht dazu beitrage, dass Christen auswandern. In der Tat orientierten sich viele Schüler nach Deutschland und strebten ein Studium im Ausland an. Wolf betonte aber, dass der Erziehungsauftrag von Talitha Kumi weiter gehe als die formale Bildung: „Wir erziehen zur Verantwortung gegenüber der Familie, dem Land, der Gegend, aus der ich komme.“

Wolf sieht einen Hoffnungsschimmer: Zunehmend kämen Menschen aus Verantwortung gegenüber ihrer Heimat zurück, mit dem Anliegen, etwas zu gestalten. Er erzählte von einem Schüler der auf seine Frage, was er nach dem Abitur machen wolle, damit antwortete, dass er in Deutschland Jura studieren möchte und danach zurückkommen und in seinem Land für Recht sorgen wolle. Daraufhin Wolf: „Mabrouk (Glückwunsch), wenn das gelingt, wenn Du diese Flamme in Dir aufrecht hältst, diesen Wunsch, wieder Teil deiner Gesellschaft zu sein, dann hätten wir ein Stück dazu beigetragen, durch unsere Bildung, unsere Erziehung in Talitha Kumi. Ich wünsche mir, dass wir das auch in die Herzen der Menschen legen, dass sie Salz und Licht der Welt sind – wie wir es auch in der Bibel lesen – und es ist auch die Aufgabe unserer Erzieher, unserer Lehrer, das den Menschen mitzugeben.“

Lujain Musallam: Die Christen in Palästina müssen zusammenrücken

Und was denken christliche palästinensische Jugendliche über die Zukunft der Christen im Heiligen Land? Dazu äußerte sich die Elftklässlerin Lujain Musallam aus Beit Jala folgendermaßen:

„Ich glaube als palästinensische Christin daran, dass die Christen eine wichtige Rolle in Palästina spielen und dass wir insbesondere einen sozialen aber auch einen wirtschaftlichen Einfluss haben. Ein Beispiel dafür: Es gibt bei uns viele Krankenhäuser, die christlich sind, Schulen und Universitäten. Das alles obwohl wir sehr wenige sind, nur 1 % von der Gesamtbevölkerung. Meine Befürchtungen sind, dass die Christen immer weniger werden und dass das Leben für uns vielleicht schwieriger wird und dass wir dann immer weniger aktiv in der Gesellschaft mitwirken können.

Viele Christen wollen ins Ausland gehen, um ein besseres Leben zu haben, um zu studieren oder zu arbeiten, und viele von denen, wenn nicht die meisten, kommen nicht nach Palästina zurück. Aber das macht es immer schwieriger, weil wir diese Christen, die im Ausland sind, brauchen. Wenn diese Menschen nach Palästina zurückkehren würden, dann könnten Sie deutlich zum Aufbau und zur Entwicklung dieses Landes beitragen.

Ich finde, die Christen in Palästina müssen noch mehr zusammenarbeiten. Es wäre auch schön, wenn es regelmäßige Treffen und Veranstaltungen für die christlichen Jugendlichen gäbe, damit der Zusammenhalt zwischen den Christen gestärkt wird, unabhängig davon, welcher Konfession man angehört. Außerdem müssen wir den Bildungssektor noch weiter entwickeln. Die christlichen Schulen sollen weiterhin aktiv sein, da Bildung ein sehr wichtiger Faktor für die Entwicklung der Palästinenser ist. Durch den Bildungssektor können wir als Christen viele Menschen in diesem Land erreichen, die Kommunikation mit Menschen anderer Glaubensrichtung stärken sowie eine Vorstellung vom Christentum vermitteln.“

Der Jerusalemsverein im Berliner Missionswerk feierte am 19. Februar sein 170. Jahresfest in Berlin. Mit Matthias Wolf und Lujain Musallam sprachen Hala Tannous, Mitglied des Church Councils der ELCJHL, Bischof Sani Ibrahim Azar (ELCJHL), Areej Isaac, Absolventin der evangelischen Schule in Beit Sahour, und Ulrich Seelemann, stellvertretender Vorsitzender des Jerusalemsvereins, über das Thema „Die Zukunft der Christen im Heiligen Land“. Der Jerusalemsverein unterstützt die evangelischen Schulen und Gemeinden im Heiligen Land.

Die Zukunft der Christen im Heiligen Land – Podiumsgespräch (YouTube-Video)